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Wie entsteht so ein Plattdeutsches Theaterstück ?
Wenn man sich so ein Theaterstück ansieht, stellt sich zwangsläufig die Frage: woher kommt dieser
Stoff? Die Antwort ist einfach: Aus dem ganz normalen, alltäglichen Leben. Hat nicht jeder von uns schon Geschichten erlebt, die er für so bemerkenswert
hielt, um sie wie auch immer festhalten zu wollen?
Häufig gebrauchen wir die Worte: "Na, das hätten wir jetzt aber filmen müssen!" Unser
aller Umfeld - Kindheit, Familie, Freunde, Schule und Beruf - ist voll von Situationen oder Sprüchen, die wir immer wieder einfach "zum
Schießen" finden, die wir immer wieder gern erzählen und an die wir uns mit Freude zurück erinnern. Dennoch geraten diese Geschichten häufig
leider schnell wieder in Vergessenheit.
Nun, bei uns dürfen diese Geschichten aber gerade nicht in Vergessenheit geraten, denn sie sind das
Fundament für unsere Theaterstücke. Viele der Szenen unserer Stücke sind auf Begebenheiten zurückzuführen, die tatsächlich in mehr oder weniger stark
abgewandelter Form in Bornum passiert sind.
Abgewandelt deshalb, weil diese Szenen natürlich niemanden bloßstellen oder beleidigen
sollen. "Das ganz normale Leben" ist auch oder gerade auf so einem Dorf wie Bornum alles andere als eintönig, sondern es ist mitunter sehr
interessant, facettenreich und turbulent. Daher eignet es sich bei weitem besser als z.B. Horror- und Gewaltdarstellungen, um aufgeschrieben und dann als
Theaterstück gespielt zu werden.
Das Rezept all unserer plattdeutschen Theaterstücke ist daher also ziemlich einfach:
· lustige Sprüche,
Anekdoten und Szenen aus dem Leben sammeln,
· diese zunächst einzelnen Themengebieten (z.B. der Feuerwehr),
· dann konkreten Figuren und später
Charaktären der Schauspieler zuordnen,
· eine oder mehrere übergreifende Handlungen (er)finden, die sich wie ein "roter Faden" durch das ganze
Stück ziehen,
· die Inhalte und Folge einzelner Szenen und dann einzelner Akte festlegen
· und zum Schluß den Text verfassen - also das
Zusammenschreiben.
Eines der wichtigsten Elemente ist die plattdeutsche Sprache, ohne die unsere Stücke siche so gar nicht denkbar wären.
"Platt" ist auf unseren Dörfern seit ewigen Zeiten zu Hause und eignet sich daher natürlich am besten, um Geschichten aus eben diesen Dörfern zu
erzählen.
Sätze wie "Du bist ja so klauke, du kannst woll ohk Kattenschiete in Düstern ruken?" oder "Da lopet sick dä Muse Bruschen op
dä Woßtespiele." kann man sicher auch auf Hochdeutsch ausdrücken, nur fehlt ihnen dann häufig diese einzigartige Melodie, die wir für unsere
Stücke einfach brauchen.
Was für Leute machen bei so etwas mit ?
Eine weitere, häufig gestellte Frage ist: Was sind das für Leute, die bei so
einem Stück mitwirken? Auch hier ist die Antwort wieder einfach. Unsere Stücke beschreiben typische Situationen, wie sie auf unseren Dörfern
passieren. Unsere Schauspieler, mögen sie sonst noch so unterschiedlich sein, haben eines gemeinsam: (Fast) alle sind in Bornum aufgewachsen oder hier zu
Hause und haben daher so diese Situationen - besser Atmosphäre - und die dazugehörenden Figuren kennengelernt.
Sie haben in diesem Umfeld nicht nur
das Plattdeutsche gelernt, sondern auch die dazugehörenden Leute mit den für das Dorf typischen Lebens- und Arbeitsbedingungen, ihren Verhaltensweisen in
der Familie, gegenüber Freunden, Nachbarn und Bekannten und letztendlich auch mit ihren kleinen Eigenarten und ihrem Witz.
Und damit unterscheiden
sich unsere Schauspielerinnen und Schauspieler gar nicht so sehr von unseren Zuschauern. Denn viele kommen gerade deswegen zu unseren Aufführungen, weil
sie eben diese Verhältnisse auf dem Dorf kennen, weil sie wissen, wie es ist, wenn Tiere auf dem Hof gehalten werden oder weil sie sich vielleicht auch noch
an so etwas wie das Hausschlachten erinnern können.
Bei einigen Zuschauern hat man sogar den Eindruck, daß sie sich auch in unseren Stücken wie
"zu Hause" fühlen.
Noch etwas Statistik ?
Vor allem Spaß, den so ein Stück unseren Zuschauern und uns selbst bereiten soll,
liegt zunächst einmal für alle Beteiligten viel Arbeit. Der eigentliche Stoff, also die Anekdoten und Sprüche, wird über Jahre hinweg vorab gesammelt.
Hierzu genügt es, an der richtigen Stelle einfach gut zuzuhören und sich dann das Gehörte kurz zu notieren.
Auch die Erstellung eines Konzeptes
geschieht in mehreren Schritten, häufig parallel zum Sammeln des Stoffes.
Lange vor dem Beginn der Texterstellung muß die Besetzung feststehen. Und
das ist eine sehr delikate und somit wichtige Geschichte, denn die im Stück darzustellenden Figuren müssen nachher auf die Neigungen und die Fähigkeiten
der Schauspielerinnen und Schauspieler zugeschnitten sein. Schließlich spielt jeder nur deswegen in diesem Stück mit, weil er dabei öglichst viel Spaß
haben will.
Und natürlich spielt jeder noch "mindestens eine weitere Rolle", nämlich in seiner Familie, auf seiner Arbeitsstelle oder bei
anderen Hobbys, die hier auch "mitsprechen" müssen.
Die Texterstellung, also das eigentliche Zusammenschreiben des Theaterstückes,
dauert in der Regel zwei bis drei Wochen. Die Erstellung des endgültigen Textes zu "Pingesten inne Löbeke" hat ungefähr 80 Stunden Arbeit sowie
über 200 Seiten Papier für Notizen und Entwürfe gekostet.
Bevor das Theaterstück eingeübt werden kann, müssen redaktionelle Änderungen
und organisatorische Fragen behandelt werden. Also, welche Passage muß ggf. umgebaut werden, wer steht an welchen Tagen nicht zum Üben zur Verfügung oder
an welchen Tagen können wir auf die Bühne?
In der Zeit vom September bis Januar finden die eigentlichen Theaterproben statt. Dazu treffen wir uns
in der Regel zweimal in der Woche. Allein an 25 Abenden haben wir uns getroffen, um auf der Bühne zu proben. Und schon dabei haben alle Beteiligten
insgesamt rund 500 Stunden geleistet. Alles zusammengerechnet verbringen alle Mitwirkenden über 900 Stunden ihrer Freizeit damit, um so ein Stück von der
ersten Notiz bis zur letzten Aufführung "über die Bühne" zu bringen.
Das sind aber Stunden, die in aller Regel sehr viel Spaß mit
sichbringen.
Zum Originalartikel : Link
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