II. Zur Geschichte der wirtschaftlichen Grundlagen
I. Erwerbsmöglicheiten
Von der Landwirtschaft
Noch bis zu ein bis zwei Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist die Landwirtschaft
durch die Jahrhunderte in Bornum / Elm Haupterwerbsgebiet gewesen. Ein bereits mit dem beginnenden 19. Jh. einsetzender gesellschaftspolitischer und
wirtschaftlich-technischer komplexer Veränderungsprozeß findet aber sehr bald in der Landwirtschaft seinen Niederschlag und führt zur Ablösung der
im Rahmen einer natürlichen Kreislaufwirtschaft im Wesentlichen auf Selbstversorgung zielenden Wirtschaftsführung. Die aus heutiger Sicht sich anschließende,
allzu bereitwillige und streckenweise euphorische Hinwendung zu den von rein marktwirtschaftlichen Maximen wie Rentabilität und Mehrwertschöpfung diktierten
landwirtschaftlichen Produktionsformen hat besonders in den letzten Jahren eine zunehmende Stagnation erfahren. An ihre Stelle ist mittlerweile in der
Landwirtschaft und in weiten Kreisen der Bevölkerung eine mehr und mehr um sich greifende Welle der Ernüchterung und Betroffenheit getreten, angesichts
der Erkenntnis, dass wir mit der in den letzten Jahrzehnten hier und weltweit verfolgten Wachstumspolitik in der landwirtschaftlichen Produktion nicht
nur an die Grenzen der ewigen Fruchtbarkeit unserer Erde gestoßen sind, sondern bei ungezügelter Fortsetzung einer solchen Politik ihre weitere Existenz
überhaupt gefährden. Aber auch die nach einem unerbittlichen wirtschaftlichen Ausleseprozeß verbleibenden 13 „bäuerlichen Industriebetriebe in Bornum befinden
sich nach wie vor in einem nunmehr fast „mörderisch“ zu nennenden Existenzkampf, in dem sie durch Erzielung immer höherer Erträge gegen die
stagnierenden Erzeugerpreise zu gewinnen suchen. Sie sind, in einen unauflösbar scheinenden Widerspruch verstrickt, hin- und hergerissen zwischen ihrem Willen
und ihrem Recht! Zur Erhaltung ihrer persönlichen Existenz einerseits und ihrer sozialen Verantwortung bei der Bewirtschaftung ihres Landes andererseits. Statt
das Übel an der Wurzel zu fassen, vermehrt man es und treibt es fort, um in diesem Teufelskreis zu überleben. Solcher ist: solche Produktionsformen können
nicht grenzenlos und um jeden Preis weiterbetrieben werden. Die Natur wird uns zwingen, auf sie, d.h. auf ihre Bedingungen einzugehen oder aber uns scheitern
lassen. – Die Natur lässt nicht mit sich diskutieren.
Der hier in großen Zügen dargestellte Entwicklungsverlauf in der Landwirtschaft in den
letzten zwei Jahrhunderten soll mit dem Einbringen detaillierter geschichtlicher Belege speziell für die Verhältnisse in der gemeinde Bornum auf den folgenden
Seiten nachvollziehbar werden.
Rechnet man die Zahl der zu verschiedenen Zeiten in Bornum bewirtschafteten Bauernhöfe mit samt ihren
Familienangehörigen, Mägden und Ackergehilfen gegen die Zahlen der jeweils vorhandenen Gesamtbevölkerung hoch ( Vgl. Kap. I ), so wird deutlich, dass die
Landwirtschaft lange Zeit fast ausschließlich und noch bis in das 20. Jh. hinein zumindest überwiegende Existenzgrundlage der Bewohner unserer Gemeinde gewesen
sein muß.
Bauern in Bornum / Elm
1561 11 Ackermänner, 20 Kotassen 1589 5
Ackermänner, 59 Halbspänner 1678 5 Ackermänner, 6 Halbspänner, 27 Kotassen und 1
wüsterHof, 22 Kleinkotassen und 4 wüste Höfe
1761 5
Ackermänner, 7 Halbspänner, 24 Großkotassen, 12 Kleinkotassen, 28 Brinksitzer
und zwei halbe Brinkhöfe 1798 4
Ackermänner, 7 Halbspänner, 20 Großkotassen, 12 Kleinkotassen, 31 Brinksitzer 1960 35 landwirtschaftliche
Vollerwerbsbetriebe 1985 13 landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe
Die Größe der landwirtschaftlich nutzbaren Acker- und Wiesenflächen
in der Gemarkung Bornum war:
1762 3819 Morgen Ländereien und 325 Morgen 72 Ruten Wiesenwuchs 1860 886 Hektar
Ländereien 1942 1173 Hektar Ländereien
Jeweils ein Angehöriger der vier hauptsächlich im Jahre 1761 im Bauernstande unseres Dorfes
vertretenen Gruppen soll hier nachfolgend für alle anderen in seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage, d.h. eingebettet in die Bedingungen der
Dreifelderwirtschaft und Grundherrschaft, vorgestellt werden.
Der Ackermann: Heinrich Kirchhof war 1761 Besitzer eines Ackerhofes und in der
Brandversicherungsgesellschaft unter der Nr. 8 catastriert. Die Hofstelle inclusive Gebäude hält 50 Ruten. Ein Garten bei dem Haus hält 100 Ruten. An
Ländereien waren vorhanden 75 Morgen 79 Ruten und an Wiesen 4 Morgen 8 Ruten.
An Vieh: Pferde 5, Kühe 3, Rinder 3, Schweine 4, Schafe 18.
An
Diensten hatte er jährlich zu leisten: 4 Gespanne zur Verfügung stellen, um der Herrschaft und den Bauern das Holz aus dem Elme anzufahren Außerdem noch einen
Tag mit der Hand und dem Gespann beim fürstlichen Vorwerk Schickelsheim.
An Herschaftsgefällen waren zu entrichten: Contribution monatlich zwei Taler 17
Ggr. Und 4 Pf., Landschatz jährlich 3 Taler 17 Ggr. Und 9 Pf., Proviantkorn 5 Taler 17 Ggr. Und 6 Pf., zum Küchentermin jährlich 2 Hühner und 36
Eier.
Der Kornzehnte war an das Kloster in Königslutter zu entrichten, ebenfalls der Fleischzehnte. Der Gutsherr und das Convictorium in Helmstadt
bekamen jährlich 2 Taler 17 Ggr. An Erbenzins.
Sämtliche Gebäude waren mit Stroh gedeckt und insgesamt mit 875 Talern versichert.
Der
Halbspänner: Jacob Fricke war Besitzer eines Halbspännerhofes und Mitglied der Brandversicherungsgesellschaft, wo seine Gebäude mit 450 Talern angeschlagen
waren. Der Hof maß Ruten und der dezugehörige Garten 125 Ruten. Er war im Besitz von 63 Morgen 5 Ruten Ländereien und 9 Morgen 105 Ruten Wiesenland.
An Vieh: Pferde 4, Kühe 2, Schweine 1, Schafe 12
Seine Dienste waren folgende: Jährlich 3 Erntetage mit der Hand nach Schickelsheim und
dazu ein Wachtetag.
An Herrschaftsgefälligen: Contribution 1 Taler 21 Ggr. Und 7 Pf. monatlich, Landschaft jährlich 2 Taler 11Ggr. Und 6
Pf., Kornproviant 5 Taler 7Ggr. Und 6 Pf., zum Küchentermin 1 Rauchhuhn. Der Korn- und Fleischzehnte ging an das Kloster in Königslutter. Der
Gutsherr und die Herren von Strombeck bekamen jährlich 5 Taler Meyerzins und das fürstliche Amt 15 Ggr. Hauszins.
Der Großkotsaß: Christian
Buchheister hatte seinen Großkothof in der Brandversicherungsgesellschaft mit 500 Talern versichert und unter der Ass. Nr. 22 catrastieren lassen. Ein
Garten bei dem Hof maß 39 Ruten, die Hofstelle inclusive Gebäude hielt eine Fläche von 30 Ruten. An Ländereien waren damals vorhanden 25 Morgen 32 Ruten
Erbenzinsland, ebenso 4 Morgen 42 Ruten Wiesenland. Der Viehbestand im Jahr 1761 war dieser: Pferde 3, Kühe 2, Schweine 3, Schafe 8.
Folgende
Dienst waren zu leisten: ein Erntetag mit der Hand und ein Wachtetag beim fürstlichen Vorwerk Schickelskeim. An Herschaftsgefällen: Contribution
monatlich 1 Taler 18 Ggr. 1 Pf. , an Landschatz jährlich 4 Taler. 1 Ggr. 2 f. und zum Küchentermin war ein Rauchhuhn zu liefern. Der Gutsherr von
Weferling und die Kirche erhielten 30 Martengroschen im Jahr. Sämtliche Gebäude waren mit Stroh gedeckt.
Der Brinksitzer Hans Heinrich Ullrich
besaß einen Hof, dessen Gebäude sämtlich mit Stroh gedeckt in der Brandversicherungsgesellschaft mit 175 Talern veranschlagt waren. Hof und Garten maßen
zusammen 56 Ruten. An Erbenzinsland hatte er 119 Ruten und 66 Ruten Wiese.
An Vieh war vorhanden eine Kuh und ein Schwein. Dienste hatte er keine
zu leisten. Die monatliche Contribution betrug 13 Mariengroschen und 12 Pf.., der Landschatz jährlich 10 Mgr. Und 12 Pf., Proviantkorn 1 Taler 4
Ggr. Und 4 Pf., zum Küchentermin 1 Rauchhuhn. Der Kornzehnte kam an das Kloster in Königslutter und der Fleischzehnte an den Gutsherrn von
Weferling.
Nachdem es bereits 1832 bezüglich der Militär- und Zivilbeamtenstellungen, wie auch der Gerichtsbarkeit zur Gleichstellung unserer Bauern mit
allen übrigen Bürgen gekommen war, wurden kurz darauf 1834 alle Dienste und Zehnten durch einmalke Zahlung einer festgesetzten Summe für finanziell ablösbar
erklärt, und somit jeder Bauernhof nach erfolgter Ablösung als von der Gutsherrschaft entbunden zu betrachten war. Bis zu diesem Zeitpunkt aber hatten Bornumer
Einwohner mit mehr als einem Morgen Ländereien Abgaben und Dienste zu leisten,. Von allem Geernteten und sonst Erzeugten mußte der zehnte Teil abgegeben
werden. Da das Gut in Bornum meist genug eigene Vorräte hatte, wurden die zu leistenden Naturalien oft in Geld umgerechnet, was den in erster Line
auf bloße Eigenbedarfsdeckung hin wirtschaftenden und weniger mit ihren Produkten Handel treibenden Bauern sehr schwer gefallen sein muß. So mußte man
1798 für neu hinzugeborenes lebendes Inventar entrichten:
Für jedes Pfohlen 4 Pf., jedes Kalb 4 Pf., jedes Lamm 9 Pf., jede Sau die wirft 2 Mgr. und für
jede Gans 2 Mgr. Wurden mehrere Gänse gehalten, , so kam die 10 Gans zum Adelshauf, ebenso das Rauchhuhn. Wurde dieses statt des „Hühnergeldes“
lebend gebracht, so mußte es groß und kräftig genug sein, um selbst aus einem Scheffel herausspringen zu können. Wenn heute noch jemand als wie „ein
tinshahn“ herumspringend bezeichnet wird, so geht die niederdeutsche Redewendung auf diese wohl älteste Abgabeform zurück.
Diese
Herrschaftsgefälle wurden insgesamt von Bornum für das Jahr 1761 entrichtet :
An Contrib. Mon. 89 Taler 16 Ggr und 6
Pf 1077 Tal. , 18 Ggr.
Landschatz jährl. 1077 Tal. 8 Ggr., 9 Pf.
Korngeld
betrug 194 Tal. 8 Ggr, 2 Pf.
Haferproviant 48 Tal
Küchentermin mit 10 Talern oder in Nat. gelief. 5 Kälb., 3 Lämm.
, 750 Eier, 40 Hühn.
Rauchgut 36 Gäns. 68 Hühn.
Eier an das Amt: 30
S.S.: 1420 Taler, 19 Ggr., 11 Pf., 5 Kälb., 3 Lämm., 36 Gäns.,
780 Eier, 108 Hühner
Hand in Hand mit der gesellschaftspolitisch wirksamen Maßnahme der Bauernbefreiung gin eine zweite 1835 begonnene und die
erste ergänzende agrarstrukturelle Maßnahme: die Separation. Sie stellte eine Flurbereinigung im Sinne der Zusammenlegung kleinerer Felder zu größeren
Ackerstücken dar und hatte die Abschaffung der alten Dreifelderwirtschaft zur Folge. Ursprünglich war sie hier in Bornum wie auch anderswo bei den
Bauern wegen befürchteter Benachteiligungen bei der völligen Neuzuteilung des Ackerlandes auf erbitterten Widerstand gestoßen. Lagen die fertig
ausgearbeiteten Recesse nach jahrelangen Schreibereien und Vermessungen dem Bauern abschließend für seine Einwilligung zur Unterschrift vor, so ließ
mancher von ihnen erst einmal in stoischer Ungerührtheit an die Behörden zurückgehen mit der kurzen aber deutlichen Erklärung: „Ick unterschriwe
nich!“
Da man aber zu erkennen begann, dass die Neuorganisation der Flur dem einzelnen Bauern unabhängig von anderen völlig neue
Bewirtschaftungsmöglichkeiten eröffnete und überdies seinen Ertrag und damit seinen Wohlstand vermehren konnte, waren die anfänglichen Widerstände doch recht
bald gewichen. Ein noch nie dagewesener Aufschwung in der Ackerbewirtschaftung und der Viehhaltung war damit eingeleitet worden, fortwährend bis heute
begleitet von einer Fülle wissenschaftlich-technischer Veränderungen, von denen hie nur einige beispielhaft für alle genannt werden können: 1928 gelingt Wöhler
in Deutschland erstmals die sythetische Herstellung einer organischen Substanz : der Harnstoff. Sie bildete damals mit die wissenschaftliche Ausgangslage
für die spätere Entwicklung zahlreicher Kunststoffdüngersorten bei einer erheblich ertragssteigernden künstlichen Bodendüngung. Der aus Schöppenstedt stammende
und 1769 bis 1789 als Stadtphysikus praktizierende Arzt Dr. med. Joh. Julius Wilhelm Dedekind hat sich bereits 1787 als Entdecker einer für die
Zuckergewinnung ergiebigsten Rübensorte angemeldet: der weißen Runkelrübe. 1799 allerdings nimmt dieses Recht Franz Karl Achard aus Berlin für sich
nachträglich in Anspruch. Begünstigt durch die geeigneten Bodenverhältnisse in unserer Umgebung und die allgemeine Hochstimmung während der
Gründerjahre entwickelt sich der Zuckerrübenanbau in unserem und anderen Dörfern des Braunschweiger Landes zur Quelle eines neuen und in diesem Maße
bisher von den Bauern nicht erfahrenen Wohlstandes. Mit dem Wohlstand zieht aber auch in der 2. Hälfte des 19. Jh. das Verlangen nach einer bürgerlichen
städtischen Lebensführung verstärkt in unsere bäuerlichen Familien ein. So gerät die bisher wirtschaftlich und kulturell regionaltypisch bestimmte
bäuerliche Lebensweise und der über Jahrhunderte durch sie geprägte Bauer unserer näheren Heimat in dem Maße zur Zefallsgestalt, als man diesem
Verlangen nach einer neuen Lebensgestaltung nach Maßgabe des bereits eingetretenen Wohlstandes und Fortschritts nachgibt. Diese Veränderungen
bringen einen Bauern neuen Schlages hervor, der oft aufgestattet mit allen Zügen des Neureichen, sich eher den Anstrich eines Unternehmers und
Großgrundbesitzers als den eines ostfälischen Bauern zu geben sucht und damals gemeinhin mit der Bezeichnung „Rübenbaron“ als Typus treffend
charakterisiert ist. Bauten des städtischen Bürgertums im Stil der Gründerzeit wurden damals von Leuten dieses Schlages ohne Rücksicht auf
Bestehendes auch in das Dorf Bornum hineingepflanzt und sind uns bis heute als Zeugen dieser längst verblichenen Epoche erhalten geblieben.
Doch wäre
insgesamt der rationelle , gewinnbringendere Zuckerrübenanbau ohne die damals schrittweise bei der Landbestellung zum Einsatz kommenden neuen
landwirtschaftlichen Maschinen gar nicht denkbar gewesen. In diesem Zusammenhang sei an den Erfinder der Drillmaschine , Kantor Ludwig Lüders aus Leiderde
erinnert, ater des Ehrenbürgers der Stadt Königslutter, Kantor Adolf Lüders. Lüders verkaufte das ihm das für seine Erfindung um 1860 ausgestellte und auf 10
Jahre befristete Patent später an die Hecknersche Maschinenfabrik in Braunschweig , welche alsbald die Serienfabrikation der Drillmaschine aufnahm. Erstaunlich
und zugleich Beleg für die Leistungsfähigkeit des in Bornum / Elm ansässigen Handwerks ist der für das Jahr 1900 belegbare Auftrag von Heinrich
Buchheister /Ass. Nr. 23) zur Anfertigung einer 2 Meter breiten Löffeldrillmaschine durch den hiesigen Schmiedemeister Karl Stege. Sie kostete 400 Mark
und soll insgesamt gut gearbeitet haben.
1893 bildete sich in Bornum die erste Dreschmaschinengemeinschaft. Mit der Anschaffung dieser mit Lokmobile
und Strohpresse ausgerüsteten Dreschmaschine entfiel im Winter das langwierige Ausdreschen des Getreides mit dem Flegel.
Wahre Pionierarbeit
mußte seit Ende des letzten Jahrhunderts in der „Bornumer Aue“ nach Scheppau hin geleistet worden sein. Durch das Verlegen umfangreicher
Dränagesysteme konnten die ehemals feuchten Wissen umgebrochen und fortan als Ackerland genutzt werden.
Bereits mit dem Beginn der Separation
setzet ein Rückgang im Bedarf an landwirtschaftlichen Arbeitskräften ein. Durch Einführung der Stallfütterung und vermehrte
Futterkräutererzeugung waren die Hirten zumeist entbehrlich geworden. Mit der zunehmenden Hinwendung zur maschinellen Bewirtschaftung des
Ackerbodens werden aber auch immer mehr Arbeitskräfte in der Landwirtschaft freigesetzt. Eine Entwicklung, die schließlich heute in landwirtschaftlichen
Ein-Mann-Betrieben gipfelt, deren Besitzer mehr als kleine Industriekapitäne denn als Landwirte auf ihren Feldern schalten und
walten.
Unterbrochen wurde diese Entwicklung lediglich noch einmal in unserem Dorfe in der Zeit des Nationalsozialismus. Zur Sicherung einer autarken
Ernährungsversorgung wurden die Arbeitsämter sogar angewiesen, landwirtschaftlichen Arbeitskräften die Arbeitsaufnahme und Abwanderung in
lukrativere Industriebetriebe der Städte zu verweigern.
Der Gedanke von einer autarken Landwirtschaft sicherte die nationalsozialistische
Agrargesetzgebung im wesentlichen durch zwei Gesetze ab. Nach Inkrafttreten des Reichserbhofgesetzes im Jahre 1933 war der Erbhof grundsätzlich unveräußerlich
und unbelastbar. Die Grenze der Belastbarkeit mußte nach dem festgestellten Einheitswert bemessen werden. Ergänzend dazu trat 1934 das Gesetz zur
landwirtschaftlichen Entschuldung der Erbhöfe in Kraft. Wenige Jahre nach dem 2. Weltkriege haben diese Gesetze für die Landwirtschaft wieder
ihre Gültigkeit verloren. De Einheitswert ist heute nur noch als steuerliche Bemessungsgrundlage von Bedeutung.
Die durchschnittlichen
Ernteerträge im Jahre 1761 bzw. 1984 in der Gemerkung Bornum lassen in einer Gegenüberstellung neben den beschriebenen qualitativen qualitativen
Veränderungen auch noch die quantitativen Verschiebungen in der Landwirtschaft der letzten zwei Jahrhunderte deutlich hervortreten. .
Bei
einer durchschnittlichen Ernte war bei den verschiedenen Feldfrüchten folgender Ernteertrag im Jahre 1761 zu erzielen: pro
Morgen.
Aussaat / Ernte
Weizen 2 Himpten / 3 Stiegen a Stiege 5 Himpten Roggen 2 Himpten / 3
Stiegen a Stiege 5 Himpten Gerste 2 Himpten / 3 Stiegen a Stiege 6 Himpten Hafer
2 Himpten / 3 Stiegen a Stiege 8 Himpten Erbsen 1,5 Himpten / 4,5 Stiegen a Stiege 4 Himpten Bohnen 2
Himpten / 4,5 Stiegen / a Stiege 4 Himpten
dagegen erntete man durchschnittlich in Bornum 1984 auf einen
Morgen:
Ernte
Winterweizen 30 Zentner Sommerweizen 25 Zentner Wintergerste 28 Zentner Sommergerste 23
Zentner Hafer 22 Zentner Zuckerrüben 190 Zentner
Um allgemeinverständlich zu bleiben, ist hier an dieser Stelle eine Erklärung heute nicht mehr
gebräuchlicher Bezeichnungen und Abkürzungen erforderlich.
Ackermann – Bauer mit etwa 120 Morgen Ackerland und 4 Pferden
Brinksitzer
– Oft Handwerker, die im Dorfe ein Haus ohne oder nur mit geringem Grundbesitz ihr Eigentum nannten
Ggr - Gutegroschen, eine Währungseinheit, die
bis ins 19. Jh. hier als Zahlungsmittel galt
Halbspänner – Bauer mit etwa 60 Morgen Ackerland und 2 – 3 Pferden
Himpten –
entspricht 15,62 kg
Hufe – entspricht 30 Morgen oder 7,5 Hektar Ackerfläche
Klafter – entspricht 3,59 m³
Kotsasse –
Bauer mit etwa 30 Morgen Ackerland und 2 Pferden
Mgr – Mariengroschen
Rute – Eine Braunschweiger Rute entspricht einer
Länge von 4,5658 Metern. Eine Quadratrute entspricht einer Fläche von 20,8456 Quadratmetern. 120 Quadratruten entsprechen einem Feldmorgen mit 2502 m² . 160
Quadratruten entsprechen einem Waldmorgen mit 3335 m² .
Scheffel – Entspricht 2 Himpten oder 31,24 kg
Schock – Entspricht 5 Dutzend
oder 60 Stück einer zählbaren Menge.
Quelle: Festschrift 1135 – 1985 Bornum am Elm
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